Nicht oft werden solche Bücher geschrieben: Fantasy, die unter die Haut geht, von so intensiver Atmosphäre, dass die eigene Realität zu verblassen beginnt. Mit dem ersten Band der Geschichte vom "Schwert der Schatten" -- Das dunkle Herz der Nacht -- hatte J.V. Jones einen eindrucksvollen Beginn vorgelegt. Darin treffen sich Raif und Ash, beides Ausgestoßene und Verfolgte, die gegen Lüge und Betrug ankämpfen und ihre Welt vor dem Chaos bewahren wollen.

Im zweiten Band wird sehr viel mehr von Ashs geheimnisvollen Schicksal enthüllt. Sie selbst stellt die größte Bedrohung in dem ohnehin von Chaos gepeinigten Nordland dar. Durch die ihr angeborene Macht kann sie die Kreaturen des Blinden Landes befreien -- eine Tat, die fast unausweichlich ist, falls sie nicht rechtzeitig in die Höhle des schwarzen Eises gelangt. Zusammen mit Raif und dem Waldläufer Angus bricht sie zu einer gefährlichen Reise auf. Auch wenn die Handlung vorwiegend in konventionellen Bahnen verläuft und das vorläufige Ende nicht ganz den geweckten Erwartungen entspricht, verliert Jones auch im zweiten Band nichts von ihrer erzählerischen Intensität. Im Gegenteil -- die Bilder werden zunehmend dunkler und grausamer, die Geschehnisse extremer, die Not drängender. Auch die eisige Kälte der Winterwelt wird noch greifbarer und grausiger. Am Morgen stellt sich für die Reisenden die Frage, ob sie das erstarrte Fett der Suppe als Nahrung oder als Schutz gegen Erfrierungen benutzen wollen.

Im Schatten von Spire Vanis ist eine äußerst gelungene Fortsetzung, düster, packend, mit Charakteren, deren Schicksal nahe geht. --Birgit Will