Nicht immer landen Aliens auf der Treppe des Weißen Hauses und sehen dabei einer beliebigen imperialistischen Kultur erstaunlich ähnlich. Bei Ian McDonald ist das Fremde eine mysteriöse Substanz, die vom Himmel fällt und eine sanfte Apokalypse in Gang setzt: Die Menschen werden selbst zu Aliens. Und nicht nur die Menschen, auch Tiere und ganze Kontinente verändern sich. In Szenen, die an den Surrealismus J.G. Ballards erinnern, entdecken die Elefanten das Feuer und eine Verständigung zwischen Mensch und Wal wird endlich möglich.
Kirinja ist die direkte Fortsetzung von Ian McDonalds Chaga. Darin erforscht die ehrgeizige Journalistin Gaby McAslan den Absturz eines ungewöhnlichen Meteors über dem Kilimandscharo. Alarmiert von fremdartigen Pflanzen, die sich rasch ausbreiten und Chaga genannt werden, dringt sie weiter vor und findet schließlich einen Mann, der seit Jahren im Chaga lebt und von ihm ernährt wird. Zu Beginn von Kirinja steht McAslan mit ihrem neugeborenen Kind im Arm am Ufer des einstigen Kenia. Als Mitglied einer Künstlerkolonie lebt die ehemalige Karrierefrau in einer gänzlich veränderten Welt, in der Geld seine Bedeutung verloren hat.
Während das Chaga für Amerikaner und Europäer eine Seuche, eine Invasion darstellt, erkennen viele Afrikaner, dass Anpassung und Zusammenwachsen der Schlüssel für die Zukunft des Planeten ist. Der poetische, bizarre Roman erhält dadurch eine politische Dimension. Neben knallharter Action bietet McDonalds Roman aber auch einfühlsame Schilderungen seiner Helden, die es nach Afrika, nach Irland und hinaus ins All verschlägt. Kirinja ist die tiefgründige, reichhaltige Geschichte von der Veränderung unserer Welt hin zum Fremdartigen, mit einer sehr menschlichen Botschaft. --Birgit Will